Risikokommunikation und Diskursnetzwerke
Bisherige Arbeiten in der Politikfeldanalyse konzentrieren sich auf Interaktionsbeziehungen zwischen staatlichen und gesellschaftlichen politischen Akteuren als Erklärungsfaktoren für die letztlich in einem Gesetz realisierte Position. Die Methode der Sozialen Netzwerkanalyse ist ein häufig eingesetztes Werkzeug zur systematischen Beschreibung dieser Interaktionsstrukturen, vermag für sich genommen jedoch ideologische Feinheiten zwischen den Akteuren sowie die Rückkopplung des Interaktionsprozesses auf die Akteursstruktur nicht hinreichend darzustellen. Das Anliegen des Forschungsvorhabens ist die Erarbeitung von Forschungsstrategien, die eine systematische Messung und Beschreibung von Diskursnetzwerken in politisch stark kontroversen Policy-Arenen erlauben, so dass Akteure und ihre ideologischen Verortungen und sich potenziell im Diskurs verändernden Perzeptionen umfassend betrachtet werden können.Ausgangspunkt für diese Betrachtungen ist der kulturspezifisch unterschiedliche Umgang mit Risiken zwischen verschiedenen Gesellschaften. So gibt es im Bereich der Klimaschutzpolitik oder auch im politischen Umgang mit AIDS stark divergierende Vorstellungen und Debatten in einer komparativen Betrachtung mehrerer Gesellschaften oder Polities. Es gilt herauszufinden, inwiefern sich die Diskurse in einem Ländervergleich unterscheiden und gleichwohl wie sich die Risikokommunikation zwischen den Akteuren oder Diskurskoalitionen innerhalb eines Akteurssystems zueinander verhalten. Schwerpunkte dieses Problems sind die Fragen, wie Diskurskoalitionen im gesamten Akteurssystem integriert sind und welche Rolle die unterschiedliche Integration wissenschaftlicher Akteure für die Art der Risikokommunikation spielt.Während die klassische Policy-Analyse Interessenpositionen von Akteuren zumeist als stabil und intrinsisch betrachtet, gibt es einige theoretische Anknüpfungspunkte, die auf wechselhafte Wahrnehmungen und kognitive Verarbeitungsprozesse politischer Ereignisse abheben. Darüber hinaus wird der politische Prozess einigen Theorien nach durch sinnbildende Kommunikation zwischen den Akteuren geprägt und mit Mustern und Symbolen beschrieben. Einige Ansätze, die exogene Akteurspräferenzen voraussetzen, begreifen Policy-Making zudem als einen Kampf um Agendasetzungsmacht und Definitionsmacht von Problemen, so dass unterschiedliche Prognosen über den Verlauf von Diskursen und Risikokommunikation möglich sind.Auf diesen theoretischen Überlegungen basierend stellt sich die Frage, wie die Beziehungen zwischen Akteuren im politischen Diskurs auf der Grundlage von programmatischen Äußerungen oder öffentlichen Debatten zu messen sind. Während einfache inhaltsanalytische Instrumente der Komplexität der Akteursstrukturen einerseits und der Dynamik eines Diskurses andererseits kaum Rechnung tragen können, gibt es eine Reihe von neueren Ansätzen, die potenziell in der Lage sind, diese Probleme zu lösen. Hierzu gehören die gemeinsame Betrachtung von Akteuren und Konzepten mit Hilfe von mathematischer Konzeptanalyse, der Einsatz von kognitiven Karten und semantischen Netzwerken oder auch neuere Text-Mining-Verfahren. Eine empirische Anwendung auf die Issues Klimaschutz und AIDS können wertvolle Hinweise auf die Eignung einzelner Verfahren zur Erforschung divergierender Risikokommunikation liefern.
- Leifeld, Philip - Wiss. Mitarbeiter*in
- Schneider, Volker - Projektleiter*in
- FB Politik- und Verwaltungswissenschaft
Laufzeit: | 20.10.2006 – 31.12.2007 |