Ämter- und Policy-Motivation von Parteien bei der Bildung von Koalitionsregierungen

Beschreibung

Neuere Koalitionstheorien modellieren die Regierungsbildung als Folge der antizipierten Politik dieser Regierung. Koalitionsbildung und antizipierte coalition governance werden also zusammen betrachtet. Wir berücksichtigen dies mithilfe einer verbundenen Nutzenfunktion aus Ämter- und Policy-Motivation, bei der auch in Rechnung gestellt wird, dass der qua Ressortprinzip zuständige Minister den Standpunkt seiner Partei besser umsetzen kann als nicht zuständige Kabinettsmitglieder. Diese Art der Nutzenfunktion ist in der ersten Projektphase spezifiziert worden. In der hier beantragten zweiten Phase soll diese Nutzenfunktion in ver-schiedene Koalitionsspiele eingebettet werden, die dann empirisch zu testen sind. Dafür stehen die Ämterverteilungen und Politikräume für alle deutschen Landesregierungen aus der ersten Projektphase zur Verfügung. Dieser Datensatz soll zur Berücksichtigung weiterer Verhandlungskontexte (Drei- und Vier-Parteiensystem der alten Bundesrepublik) um den Zeitraum 1976 bis 1990 für die westdeutschen Länder und West-Berlin ergänzt werden. Außerdem ist die Einbeziehung von Österreich und den Niederlanden – Länder mit ähnlichen Politikräumen wie Deutschland – geplant, um den Unterschied zwischen dem free style bargaining in Deutschland und der Formateursteuerung der Koalitionsverhandlungen in Österreich und den Niederlanden herauszuarbeiten.

Institutionen
  • FB Politik- und Verwaltungswissenschaft
Publikationen
  Shikano, Susumu; Seibert, Sjard T. (2014): Was verbirgt sich hinter der ämterorientierten SPD? : Numerische Experimente mit der Gewichtung von Policy- und Ämtermotivation bei der Koalitionsbildung LINHART, Eric, ed., Bernhard KITTEL, ed., André BÄCHTIGER, ed.. Jahrbuch für Handlungs- und Entscheidungstheorie. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, 2014, pp. 207-233. ISBN 978-3-658-05007-8. Available under: doi: 10.1007/978-3-658-05008-5_7

Was verbirgt sich hinter der ämterorientierten SPD? : Numerische Experimente mit der Gewichtung von Policy- und Ämtermotivation bei der Koalitionsbildung

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Bisherige koalitionstheoretische Modelle unterstellen als Motivationen der verhandelnden Akteure vor allem Policy- und/oder Ämterorientierung. Hierzu haben Shikano und Linhart (Party Politics 16(1): 111–130, 2010) ein statistisches Modell entwickelt, welches es ermöglicht, die Gewichtung von Policy- und Ämtermotivation von Parteien in Koalitionsbildungsprozessen zu schätzen. Ein überraschendes Ergebnis ihrer Analyse der Koalitionsbildung in den deutschen Bundesländern ist, dass die Sozialdemokraten deutlich stärker ämterorientiert sind, während die Unionsparteien und die Liberalen eine stärkere Policy-Motivation aufweisen. Die Autoren weisen als mögliche Erklärung darauf hin, dass trotz einer Nähe der ideologischen Positionen eher selten große Koalitionen in den Ländern zustande kommen. Auch wenn Shikano und Seibert (Estimating model parameters of coalition formation with policy and office motivation using German federal-state data, 2011) mit einer anderen Datengrundlage vergleichbare Ergebnisse replizieren konnten, bleiben die Gründe für das oben beschriebene Ergebnis offen. Um diese Lücke zu füllen, werden in diesem Papier einige hypothetische Koalitionsbildungsszenarien und die dazugehörigen Daten generiert und überprüft. Durch die Anwendung derselben statistischen Methode auf die generierten Daten werden Mechanismen identifiziert, die eine Schätzung der Gewichtungsparameter zwischen Policy- und Ämtermotivation beeinflussen. Das Ergebnis zeigt, dass es nicht die Häufigkeit der großen Koalition ist, sondern vielmehr die Existenz von sozial-liberalen Koalitionen auf Länderebene, die Einfluss auf die Ämterorientierung der SPD nimmt.

Forschungszusammenhang (Projekte)

Weitere Informationen
Laufzeit: 01.04.2010 – 30.06.2012