Die Organisation internationaler Arbeitsregulierung im Zeitalter der Globalisierung
Mit der Globalisierung von Ökonomie und Politik wird die Vereinbarung der Normen, die Arbeit regeln, auf die globale Ebene verlagert. Als wesentliche Akteure der Prozessierung von globalen Normen können vornehmlich Organisationen (internationale Organisationen, Regierungsorganisationen, NGOs, Gewerkschaften und multinationale Unternehmen) identifiziert werden.
Aus einer soziologischen Perspektive scheint es daher dringend geboten, die normenorientierte Gestaltung und Arbeitsregulierung unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftlichen Organisation in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen. Um die Fragen der Möglichkeiten und Grenzen internationaler Arbeitsregulierung mittels Organisationen zu klären, soll eine materialistische Sicht auf die Normen der Arbeit angestellt werden. Dies bedeutet einerseits eine Analyse der organisationsspezifischen Kräfteverhältnisse, die darüber entscheiden, dass bestimmte Normen in nationalstaatlichen, aber auch internationalen Kontexten mittels Organisationen generiert werden und Geltung erhalten, andererseits eine Analyse der konkreten Umsetzungsschwierigkeiten dieser Normen auf regionaler Ebene. Eine rein normative Perspektive wäre hier unzureichend, da sie davon ausgeht, dass es reiche, für die Geltung von Normen einzutreten, sie institutionell zu verabschieden oder zu ratifizieren – die mangelhafte Wirklichkeit der Normenumsetzung diesen Normen quasi naturwüchsig folgen werde.
Mit dem Verweis auf die Konflikte in der Setzung, Legitimierung, Anerkennung und Realisierung von Arbeitsstandards soll deutlich werden, dass Normen, die sich auf Arbeits- und Lebensbedingungen beziehen stärker als andere internationalen Normen und Standards umkämpft sind. Aus diesem Grund erscheint es plausibel, die soziale Dynamik und Diskussion um Arbeitsstandards im gesamtgesellschaftlichen Kontext kapitalistischer Verwertungsbedingungen zu fassen und macht- und herrschaftstheoretisch zu hinterfragen.
In einem weiteren Schritt soll die Geschichte der internationalen Arbeitsregulierung rekonstruiert werden. Dies geschieht mit dem Erkenntnisinteresse, die wesentlichen Veränderungen und Dynamiken des gegenwärtigen Regulationsregimes internationaler Arbeitsstandards zu fassen. Dies ist zum einen eine Geschichte von Organisationen, wie die der Internationalen Arbeitsorganisation in Genf, aber auch die Geschichte der in den letzten Jahrzehnten Anwachsenden NGOs und Gewerkschaftsbewegung. Hinzu kommen einzelne Regulierungsinstrumente, wie die in Handelsverträgen eingelassenen Sozialklauseln, Verhaltens Codes oder Gütesiegel. In je unterschiedlicher Weise sind diese Instrumente wiederum mit den Bestrebungen der je einzelnen Organisationen verbunden und lösen unterschiedliche Konflikte, auch zwischen Nationalstaaten aus, insbesondere bezüglich ihrer Legitimität und Wirksamkeit.
Mittels Experteninterviews wird ermittelt, welche Mittel und Strategien der Durchsetzung und Kontrolle von Normen zur Verfügung stehen bzw. jeweils unterschiedlich präferiert werden, worin die Akteure die wesentlichen Umsetzungsschwierigkeiten erkennen und auf welche Formen der Zusammenarbeit Wert gelegt wird. Auch geht es darum zu ermitteln, wie die unterschiedlichen Organisationen sich gegenüber anderen Organisationen als effektiver oder legitimierter konstruieren.
Zu diesem weiteren empirischen Fragekomplex wird unterstützend die Feld- und Habitustheorie von Pierre Bourdieu herangezogen. Diese ermöglicht es die konkreten Kräfte- und Machtverhältnisse im Feld der Organisationen internationaler Arbeitsregulierung genau zu analysieren und die subjektiven und objektiven Analyseeinheiten aufeinander zu beziehen. Entscheidend wird aber auch sein, die Frage der Umsetzung von Arbeitsstandard nicht ausschließlich an die Frage von organisierten Interessen zu binden, so konnte vielfach gezeigt werden, dass Arbeiter, gerade wenn sie außerhalb sozialpartnerschaftlicher Logiken operieren, also autonom für ihre Interessen eintreten, effektiv um Lohnerhöhungen und Arbeitsplatzverbesserungen kämpfen konnten. Dies soll anhand von einzelnen Beispielen gezeigt werden.
- Exzellenzcluster
Laufzeit: | 01.09.2009 – 31.08.2011 |