Anthropologische Grundlagen normativer Rede
[= Teilprojekt A 8 / TP 10 im SFB 511 „Literatur und Anthropologie“]
Das Teilprojekt hat sich das Ziel gesetzt, verschiedene Formen normativer Rede exemplarisch daraufhin zu untersuchen, welche anthropologischen Voraussetzungen explizit oder implizit in ihnen enthalten sind. Dabei soll es sowohl um inhaltliche Fragen der Formulierung und Begründung von Normen gehen wie auch um die eher formale Frage nach den Bedingungen, die Wesen erfüllen müssen, die normativ ansprechbar bzw. normativ urteilsfähig sind. Geplanter Untersuchungsgegenstand sind deshalb Normen bzw. normative Redeformen aus den Bereichen des Rechts (UP 2), der Moral (UP 1, UP 3) und der Kunst bzw. der Kunstkritik oder Ästhetik (UP 1).
UP 1 (Neil Roughley):
„Anthropologische Elemente moralischer und ästhetischer Geltungsansprüche“
Das Unterprojekt versucht, ein neues Verständnis unserer moralischen und ästhetischen Beurteilungskriterien durch ihre Zurückführung auf eine anthropologische Tiefendimension zu gewinnen. Zunächst soll die grundsätzliche Kritik an der Möglichkeit einer philosophischen Anthropologie erörtert werden, bevor im Anschluß an Wittgenstein ein Vorschlag entwickelt wird, diesen Einwänden zu begegnen. Im zweiten und dritten Teil des Projekts soll der Versuch unternommen werden, zu Begriffen anthropologischen Charakters zu gelangen, denen eine wesentliche Rolle bei der Erhebung von moralischen und ästhetischen Geltungsansprüchen zukommt. Es soll gezeigt werden, daß zentrale Kontroversen der Moralphilosophie (Utilitarismus versus Kantianismus) und der Ästhetik (Wahrnehmungstheorie versus Semiotik) in der einseitigen Inanspruchnahme gewisser Elemente anthropologischer Begrifflichkeit wurzeln. Daran anschließend sollen Vorschläge eines angemesseneren Verständnisses der jeweiligen begrifflichen Lage und der darin angesiedelten Bewertungs- und Beurteilungspraxis entwickelt werden.
UP 2 (Dunja Jaber):
„Das Menschenbild im Recht. Zur Konkretisierung des verfassungsrechtlichen Begriffs der Menschenwürde“
Das Projekt untersucht die anthropologischen und normativen Grundlagen einer verfassungsrechtlichen Garantie der Menschenwürde, wie sie zahlreichen neueren Staatsverfassungen und Menschenrechtsdokumenten zugrundeliegt. Ob die Berufung auf das Menschenwürdeprinzip eine konsistente Erweiterung des traditionellen Grundrechtskatalogs leisten kann, soll anhand der Frage geklärt werden, ob diesem Rechtsprinzip ein präzises, konsensfähiges und anwendungsbezogenes Konzept zugrundegelegt werden kann. Welche Schwierigkeiten bei der Konkretisierung des Menschenwürdebegriffs entstehen, soll zunächst exemplarisch anhand einer Analyse der Menschenwürdejudikatur des Bundesverfassungsgerichts und deren Reflexion in der rechtswissenschaftlichen Literatur gezeigt werden. Im Anschluß daran soll der Versuch unternommen werden, unter Rückgriff auf neuere Entwicklungen in der praktischen Philosophie einen Vorschlag zur systematischen Konkretisierung zu erarbeiten.
UP 3 (Margit Sutrop):
„Anthropologische Elemente emotiv fundierter moralischer Urteile“
Das Projekt geht von der systematischen Frage aus, welche Rolle die menschliche Emotionalität, speziell das Gefühl der Sympathie und das in ihm vorausgesetzte Vermögen der Einbildungskraft, für das moralische Urteil und die ästhetische Erfahrung spielen. Es ist als Beitrag zur philosophischen Anthropologie geplant, der auf eine Klärung der anthropologischen Grundlagen der Ethik und partiell auch der Ästhetik abzielt. Historischer Bezugs- und Ausgangspunkt ist dabei Adam Smiths philosophisches Hauptwerk „The Theory of Moral Sentiments“ von 1759, das den immer noch differenziertesten Versuch einer gefühlstheoretischen Moralbegründung enthält.
Mitarbeiter: Dr. Neil Roughley (UP 1, 1996−1999); Dunja Jaber, M.A. (UP 2, 1996−1999) ; Dr. Margit Sutrop (UP 3, 1999−2001)
- FB Philosophie
Name | Project no. | Description | Period |
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SFB | - | TP im SFB 511 |
Period: | 01.01.1996 – 31.12.2001 |